Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden  
DrKnock.net
Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 101 Antworten
und wurde 3.949 mal aufgerufen
 Autoren
Seiten 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7
etoilee Offline

Sternschnuppe


Beiträge: 934

14.09.2002 14:49
#61 RE:William Shakespeare Antworten

"Oh Gott,
ich könnte in eine Nußschale eingesperrt sein
und mich für einen König von unermesslichem Gebiete halten ...
(aus: Shakespeare, "Hamlet")


etoilee

etoilee Offline

Sternschnuppe


Beiträge: 934

20.09.2002 14:28
#62 RE:William Shakespeare Antworten

Sonett LIII

Aus welchem Stoffe bist du nur gediehn,
Daß Millionen Schatten du vereinst?
Ist e i n e Form sonst jedem nur verliehn,
Wie kommt es, daß in allen du erscheinst?
Beschreib Adonis, und sein Bild verliert
Zum dürft'gen Abguß sich von deiner Pracht,
Wenn alle Kunst Helenens Wange ziert,
Bist du es nur, gemalt in Griechentracht.
Rühmt man des Frühlings und des Herbstes Gaben,
Der Lenz zeigt deine Schönheit und Gehalt,
Mit deiner Güte kann der Herbst nur laben;
So sehn wir dich in jeder Huldgestalt.
Ob aller Anmut sich dein Bild erfreue,
Doch gleichst du keinem, keiner dir an Treue!

etoilee

etoilee Offline

Sternschnuppe


Beiträge: 934

20.09.2002 14:29
#63 RE:William Shakespeare Antworten

Sonett LIV

Oh, wie gefälliger wird alle Pracht
Durch holden Schmuck, den ihr die Wahrheit bringt!
Schön ist die Rose, aber schöner macht
Der süße Duft sie, der dem Kelch entspringt.
Die Heckenrose mag so voll erglühn
In dunklem Rot, als echte übergießt,
So lustig an dem Dornenstrauche blühn,
Wenn ihre Knospen Frühlingswind erschließt.
Doch Schein ist nur ihr prunkendes Gesicht,
Sie lebt verachtet, schwindet ungeehrt
In sich allein; die süße Rose nicht,
Da selbst ihr Tod noch süßen Duft gewährt.
So bleibt im Lied auch, lieber, holder Knabe,
Stets deine Treue, sinkt dein Reiz zu Grabe.

etoilee

KäptnD Offline

Seebär


Beiträge: 509

22.09.2002 12:06
#64 RE:William Shakespeare Antworten
Sonett LV


Kein Marmor und kein goldnes Fürstenmal
Wird meine mächt'gen Töne überleben,
Die stolzer dich für Jahre sonder Zahl
Als rauher Stein im Zeitenschmutz erheben.
Wenn Kriegswut jedes Monument verheert
Und Aufruhr schlägt das Mauerwerk zusammen,
Bleibt dein lebend'ges Denkmal unversehrt
Vom Schwert des Mars und von der Zwietracht Flammen.
Durch Tod und feindliche Vergessenheit
Wandelst du siegreich! Deines Namens Klang
Hat eine Stätte noch in spätster Zeit
Bis zu der Menschheit großem Untergang;
Bis du erstehst an Gottes Urteilstage,
Lebst du im Lied und jeder Liebesklage!




Käptn


"Humor ist wenn man es trotzdem macht !"

KäptnD Offline

Seebär


Beiträge: 509

22.09.2002 12:07
#65 RE:William Shakespeare Antworten
Sonett LVI


Erneue, süße Liebe, deine Macht,
Daß man dich schwächer nicht als Hunger schilt,
Der morgen schon in alter Lust erwacht,
Wenn heute er durch Speise erst gestillt.
So seist du, Liebe! Ob dein Auge bricht,
Weil es sich heute übersatt gesehn,
Blick' morgen wieder hin und lasse nicht
Der Liebe Geist in Stumpfheit untergehn!
Die trübe Zwischenzeit sei wie das Meer,
An dessen ferne Küsten täglich treten
Zwei Neuvermählte, die um Wiederkehr
Des Liebesglückes täglich zwiefach beten.
Sie gleicht dem Winter, der nach schwerem Leid
Dreimal willkommen macht die Sommerzeit!





Käptn


"Humor ist wenn man es trotzdem macht !"

etoilee Offline

Sternschnuppe


Beiträge: 934

22.09.2002 16:21
#66 RE:William Shakespeare Antworten

Sonett LVII

Dein Sklave bin ich, nimmer darf ich ruhn,
Um deines Winks gewärtig stets zu sein.
Wertlos ist meine Zeit und all mein Tun,
Bis du mich rufst, sie deinem Dienst zu weihn.
Ich schelte nicht endloser Stunden Zahl,
Wenn deiner harrend träg der Zeiger kreist,
Noch dünkt, o Herr, mich schwer der Trennung Qual,
Wenn deinen Diener du zu gehen heißt.
Noch wag' ich, dich durch Eifersucht zu kränken,
Wo du jetzt weilst, und was dein Treiben ist;
Still harrt dein Knecht, wagt traurig nur zu denken,
Wie du beglückst die andern, wo du bist.
So närrisch treu ist Liebe, daß Verdacht,
Was du auch tust, ihr nimmermehr erwacht.

etoilee

etoilee Offline

Sternschnuppe


Beiträge: 934

22.09.2002 16:21
#67 RE:William Shakespeare Antworten

Sonett LVIII

Der Gott, der mich zu deinem Knecht gemacht,
Verhüte, daß ich Zweifel an dir nähre
Und Rechenschaft, wie du die Zeit verbracht,
Ich - dein ergebner Knecht - von dir begehre.
Laß mich nach deinem Wink die Trennung leiden,
Die mir Gefängnis, dir die Freiheit bringt,
In Duldung muß ich schweigend mich bescheiden,
Daß nicht ein Wort des Vorwurfs zu dir dringt.
Sei, wo du willst! Wie ich dein Recht erkannt,
Zu tun und lassen, was nur dir allein
Gut dünken mag, so liegt's in deiner Hand,
Dir selbstbegangne Schuld selbst zu verzeihn.
Ich harre still, brennt's auch wie Höllenglut,
Und zürne nicht, ob sündig du, ob gut!

etoilee

KäptnD Offline

Seebär


Beiträge: 509

05.10.2002 14:59
#68 RE:William Shakespeare Antworten

Sonett LIX


Wenn alles da war, wenn nichts Neues lebt,
So ist der Geist in seiner Hoffnung blind,
Der in den Wehen neuen Schaffens bebt
Und nur nochmals trägt ein vorhandnes Kind.
Oh, könnten rückwärts meine Augen spähen
Fünfhundert Jahre mit der Sonne Lauf,
Dein Bild in einem alten Buch zu sehen,
Da Schrift zuerst nahm den Gedanken auf.
Gern sähe ich, wie man in alten Tagen
So stolz gefügtes Wunderwerk besang,
Ob jene uns, ob wir sie überragen,
Ob alles gleich blieb in der Zeiten Gang;
Doch sicher weiß ich, nicht so hohen Dingen
Ließ alte Zeit ein preisend Lied erklingen.


Käptn


[i]"Humor ist wenn man es trotzdem macht !"

KäptnD Offline

Seebär


Beiträge: 509

05.10.2002 15:00
#69 RE:William Shakespeare Antworten

Sonett LX


Wie Well' auf Welle an den Felsenstrand,
So eilen die Minuten an das Ziel;
Bald schwillt die eine, wo die andre schwand,
Und weiter rauscht's im ewig regen Spiel.
Das junge Leben, schön im Morgenrot,
Naht still der Reife, doch von ihr gekrönt,
Ist schon sein Glanz von Finsternis bedroht,
Und es verheert die Zeit, was sie verschönt.
Die Zeit zerfetzt der Jugend buntes Kleid
Und schlägt die Furchen in der Schönheit Stirn,
Und über all der seltnen Herrlichkeit
Hör' ich bereits des Todes Sense klirrn.
Doch hält mein Lied für alle Zukunft stand,
Mit deinem Ruhm trotzt es der Zeiten Hand.


Käptn


[i]"Humor ist wenn man es trotzdem macht !"

KäptnD Offline

Seebär


Beiträge: 509

05.10.2002 15:03
#70 RE:William Shakespeare Antworten

sorry etoillee, das ich erst so spät weitermache, aber die letzten tage war mein monitor in die ewigen jagdgründe eingegangen und da ich zur zeit urlaub habe, schaffe ich es zeitweise gar nicht, mal 5 minuten alleine vor den pc zu kommen. der natürliche "vätervon3kindernundauchnochhaushofgartenundweltbesteehefrauvonallenhatauchurlaubstreß" :o)

aber unseren shakespeare lassen wir nicht eingehen, versprochen ....


gruß


Käptn


[i]"Humor ist wenn man es trotzdem macht !"

etoilee Offline

Sternschnuppe


Beiträge: 934

07.10.2002 05:08
#71 RE:William Shakespeare Antworten


Na , Käptn, lasse ich gerade mal noch so gelten*g*
Bin zwar ziemlich down nach 12 Stunden Autofahrt, aber musste einfach hier reinschauen da schlafen einfach nicht klappt.Zu aufgedreht. Und was kann mich da beruhigen? Na unser Shakespeare:-)


etoilee

etoilee Offline

Sternschnuppe


Beiträge: 934

07.10.2002 05:10
#72 RE:William Shakespeare Antworten


Sonett LXI

Ist es dein Wunsch, daß in der bangen Nacht
Dein Bild den Schlaf von müden Lidern schreckt,

Daß höhnend mich, um alle Ruh' gebracht,

Ein Schatten stets mit deinen Zügen neckt?
Ist es dein Geist, der, von dir ausgeschickt,
Ein Späher aus der Ferne, mich besucht,
Daß er in meiner Schuld und Schmach erblickt
Gehalt und Grund für deine Eifersucht?
Oh, deine Lieb' ist groß, doch nicht so groß,
Es ist mein Herz, das mir den Schlaf entzieht,
Mein treues Herz, das ewig ruhelos,
Für dich besorgt, das Wächteramt versieht.
Ich wache hier, wenn dir die Nacht verrinnt,
Wo ich dir fern, zu dir andre sind.


etoilee

etoilee Offline

Sternschnuppe


Beiträge: 934

07.10.2002 05:10
#73 RE:William Shakespeare Antworten


Sonett LXII

In sünd'ger Eigenliebe ist entbrannt
Mein Herz und Auge, ja mein ganzes Sein;
Kein Mittel gibt's, das diese Krankheit bannt,
Zu tief schon drang sie in das Herz hinein.
Vor andern schön dünkt mich mein Angesicht,
Mein Wuchs und meine Treue unvergleichbar,
Und prüf' ich meinen Wert, so glaub' ich nicht,
Daß soviel Tugend anderen erreichbar.
Doch wenn mein Spiegel mir die Wahrheit zeigt,
Wo ich mich welk und gelb vor Alter finde,
Dann ist mein Herz zum Gegenteil geneigt,
Denn so mich selbst zu lieben, wäre Sünde.
Du bist's, mein andres Selbst, das ich geliebt,

Der meinem Alter Jugendschönheit gibt.

etoilee

KäptnD Offline

Seebär


Beiträge: 509

11.10.2002 16:42
#74 RE:William Shakespeare Antworten

Sonett LXIII


Einst ist mein Freund gebrochen und zerzaust,
Wie heute ich, von roher Zeiten Hand;
Sein Blut vertrocknet, und die Stirne kraust
Sich voller Runzeln, wenn zu rasch entschwand
Sein froher Tag in jähen Alters Nacht.
Und alles, was als König ihm gefront,
Die holden Reize, seines Lenzes Pracht,
Sie schwinden oder sind bereits entthront.
Für jene Zeiten will ich einen Schild
Ihm vor des Alters grausem Messer reichen,
Niemals soll es des Freundes süßes Bild
Aus dem Gedächtnis wie dem Leben streichen.
In diese schwarze Schrift fass' ich ihn ein,
Und so wie sie, wird er unsterblich sein.


Käptn


"Humor ist wenn man es trotzdem macht !"

KäptnD Offline

Seebär


Beiträge: 509

11.10.2002 16:43
#75 RE:William Shakespeare Antworten

Sonett LXIV

Seh' ich zertrümmert von der Zeiten Hand
Die stolze Pracht aus längst vergangnen Tagen,
Den Turm geschleift, der einst so ragend stand,
Und ew'ges Erz von Menschenwut zerschlagen;
Seh' ich das Meer, das Länder überschwemmt
Und hungrig an dem Reich der Küste zehrt,
Dann wieder, wie das Land die Fluten dämmt,
Besitz und Raub, der sich im Tausche mehrt;
Seh' ich so aller Dinge Wechsellauf,
Die Dinge selbst vom Untergang umkreist,
So blick' ich sinnend zu den Trümmern auf,
Einst kommt der Tag, der mir den Freund entreißt!
Wie Tod ist der Gedanke! Weinend dann
Besitz' ich das, was doch nicht dauern kann.


Käptn


"Humor ist wenn man es trotzdem macht !"

Seiten 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7
 Sprung  

Xobor Ein Kostenloses Forum | Einfach ein Forum erstellen
Datenschutz