Geboren am 10. Januar 1797 auf Schloß Hülshoff bei Münster. Sie stammt aus altwestfälischem Geschlecht. Trotz der von Krankheiten erschütterten Jugend erhielt sie eine reichhaltige Bildung. Sie knüpfte Bekanntschaft mit A. W. Schlegel, Adele Schopenhauer, Levin Schücking, Ludwig Uhland, Gustav Schwab und anderen. Seit 1841 lebte sie meist am Bodensee. Dort erfuhr sie eine halbmütterliche Liebe zum 17 Jahre jüngeren Schücking. Sie starb am 24. Mai 1848 in Meersburg am Bodensee.
Die Stadt und der Dom
Eine Karikatur des Heiligsten
»Der Dom! der Dom! der deutsche Dom!
Wer hilft den Kölner Dom uns baun?«
So fern und nah der Zeitenstrom
Erdonnert durch die deutschen Gaun.
Es ist ein Zug, es ist ein Schall,
Ein ungemeßner Wogenschwall.
Wer zählt der Hände Legion,
In denen Opferheller glänzt?
Die Liederklänge wer, die schon
Das Echo dieses Rufs ergänzt?
Und wieder schallt's vom Elbestrand:
»Die Stadt! die Stadt! der deutsche Port!«
Und wieder zieht von Land zu Land
Ein gabespendend Klingeln fort:
Die Schiffe ragen Mast an Mast,
Goldregen schüttet der Palast,
Wem nie ein eignes Dach beschert,
Der wölbt es über fremde Not,
Wem nie geraucht der eigne Herd,
Der teilt sein schweißbenetztes Brot.
Wenn eines ganzen Volkes Kraft
Für seines Gottes Heiligtum
Die Lanze hebt so Schaft an Schaft,
Wer glühte nicht dem schönsten Ruhm?
Und wem, wem rollte nicht wie Brand
Das Blut an seiner Adern Wand,
Wenn eines ganzen Volkes Schweiß
Gleich edlem Regen niederträuft,
Bis in der Aschensteppe heiß
Viel Tausenden die Garbe reift?
Man meint, ein Volk von Heil'gen sei
Herabgestiegen über Nacht,
In ihrem Eichensarg aufs neu
Die alte deutsche Treu' erwacht.
O werte Einheit, bist du Eins —
Wer stände dann des Heilgenscheins,
Des Kranzes würdiger als du,
Gesegnete, auf deutschem Grund!
Du trügst den goldnen Schlüssel zu
Des Himmels Hort in deinem Bund.
Wohlan ihr Kämpen denn, wohlan
Du werte Kreuzesmassonei,
So gebt mir eure Zeichen dann
Und euer edles Feldgeschrei!
Da, horch! da stieß vom nächsten Schiff
Die Bootmannspfeife grellen Pfiff,
Da stiegen Flaggen ungezählt,
Kantate summte und Gedicht,
Der Demut Braun nur hat gefehlt,
Jehovas Namen hört' ich nicht,
Wo deine Legion, o Herr,
Die knieend am Altare baut?
Wo, wo dein Samariter, der
In Wunden seine Träne taut?
Ach, was ich fragte und gelaucht,
Der deutsche Strom hat mir gerauscht,
Die deutsche Stadt, der deutsche Dom,
Ein Monument, ein Handelsstift,
Und drüber sah wie ein Phantom
Verlöschen ich Jehovas Schrift.
Und wer den Himmel angebellt,
Vor keiner Hölle je gebebt,
Der hat sich an den Kran gestellt,
Der seines Babels Zinne hebt.
Wer nie ein menschlich Band geehrt,
Mit keinem Leid sich je beschwert,
Der flutet aus des Busens Schrein
Unsäglicher Gefühle Strom;
Am Elbstrand, am grünen Rhein,
Da holt sein Herz sich das Diplom.
Weh euch, die ihr den zorn'gen Gott
Gehöhnt an seiner Schwelle Rand,
Meineid'gen gleich in frevlem Spott
Hobt am Altare eure Hand!
Er ist der Herr, und was er will,
Das schaffen Leu und Krokodil! —
So baut denn, baut den Tempel fort,
Mit ird'schem Sinn den heil'gen Hag,
Daß euer bessrer Enkel dort
Für eure Seele beten mag!
Kennt ihr den Dom, der unsichtbar
Mit tausend Säulen aufwärts strebt?
Er steigt, wo eine gläub'ge Schar
In Demut ihre Arme hebt.
Kennt ihr die unsichtbare Stadt,
Die tausend offne Häfen hat,
Wo euer wertes Silber klingt?
Es ist der Samariter Bund,
Wenn Rechte sich in Rechte schlingt
Und nichts davon der Linken kund.
O, er, der alles weiß, er kennt
Auch eurer Seele ödes Haus;
Baut Magazin und Monument,
Doch seinen Namen laßt daraus!
Er ist kein Sand, der glitzernd stäubt,
Kein Dampfrad, das die Schiffe treibt,
Ist keine falsche Flagge, die
Sich stahl der See verlorner Sohn,
Parol' nicht, die zur Felonie
Ins Lager schmuggelt den Spion!
Baut, baut! — um euer Denkmal ziehn
Doch Seufzer, fromm und ungeschmückt;
Baut! — neben eurem Magazin
Wird doch der Darbende erquickt.
Ob eures Babels Zinnenhag
Zum Weltenvolk euch stempeln mag?
Schaut auf Palmyrens Steppenbrand,
Wo scheu die Antilope schwebt,
Die Stadt schaut an, wo, ein Gigant,
Das Kolosseum sich erhebt.
Den Wurm, der im geheimen schafft,
Den kalten, nackten Grabeswurm,
Ihn tötet nicht des Armes Kraft
Noch euer toller Liedersturm.
Ein frommes, keusches Volk ist stark,
Doch Sünde zehrt des Landes Mark;
Sie hat in deiner Glorie Bahn,
O Roma, langam dich entleibt;
Noch steht die Säule des Trajan,
Und seine Kronen sind zerstäubt!
Da gab es doch ein Sehnen,
Ein Hoffen und ein Glühn,
Als noch der Mond »durch Tränen
In Fliederlauben« schien,
Als man dem »milden Sterne«
Gesellte, was da lieb,
Und »Lieder in der Ferne«
Auf sieben Meilen schrieb!
Ob dürftig das Erkennen,
Der Dichtung Flamme schwach,
Nur tief und tiefer brennen
Verdeckte Gluten nach.
Da lachte nicht der leere,
Der übersatte Spott,
Man baute die Altäre
Dem unbekannten Gott.
Und drüber man den Brodem
Des liebsten Weihrauchs trug,
Lebend'gen Herzens Odem,
Das frisch und kräftig schlug,
Das schamhaft, wie im Tode,
In Traumes Wundersarg
Noch der Begeistrung Ode,
Der Lieb' Ekloge barg.
Wir höhnen oft und lachen
Der kaum vergangnen Zeit,
Und in der Wüste machen
Wie Strauße wir uns breit.
Ist Wissen denn Besitzen?
Ist denn Gebießen Glück?
Auch Eises Gletscher blitzen
Und Basiliskenblick.
Ihr Greise, die gesunken
Wie Kinder in die Gruft,
Im letzten Hauche trunken
Von Lieb' und Ätherduft,
Ihr habt am Lebensbaume
Die reinste Frucht gepflegt,
In karger Spannen Raume
Ein Eden euch gehegt.
Nun aber sind die Zeiten,
Die überwerten, da,
Wo offen alle Weiten
Und jede Ferne nah.
Wir wühlen in den Schätzen,
Wir schmettern in den Kampf,
Windsbräuten gleich versetzen
Uns Geistesflug und Dampf.
Mit unsres Spottes Gerten
Zerhaun wir, was nicht Stahl,
Und wie Morganas Gärten
Zerrinnt das Ideal;
Was wir daheim gelassen,
Das wird uns arm und klein;
Was Fremdes wir erfassen,
Wird in der Hand zu Stein.
Es wogt von End' zu Ende,
Es grüßt im Fluge her,
Wir reichen unsre Hände,
— Sie bleiben kalt und leer. —
Nichts liebend, achtend Wen'ge,
Wird Herz und Wange bleich,
Und bettelhafte Kön'ge
Stehn wir im Steppenreich.
Uiiii Klasse Käptn, de Anette mag ich sehr und deswegen steuer ich ebenfalls eines ihrer Gedichte bei ...
Der Knabe im Moor
O schaurig ist's übers Moor zu gehn,
Wenn es wimmelt vom Heiderauche,
Sich wie Phantome die Dünste drehn
Und die Ranke häkelt am Strauche,
Unter jedem Tritt ein Quellchen springt,
Wenn es aus der Spalte zischt und singt!-
O schaurig ist's übers Moor zu gehn,
Wenn der Röhrich knistert im Hauche!
Fest hält die Fibel das zitternde Kind
Und rennt, als ob man es jage;
Hohl über die Fläche sauset der Wind-
Was raschelt drüben am Hage?
Das ist der gespenstische Gräberknecht,
Der dem Meister die besten Torfe verzecht;
Hu, hu, es bricht wie ein irres Rind!
Hinducket das Knäblein zage.
Vom Ufer starret Gestumpf hervor,
Unheimlich nicket die Föhre,
Der Knabe rennt, gespannt das Ohr,
Durch Riesenhalme wie Speere;
Und wie es rieselt und knittert darin!
Das ist die unselige Spinnerin,
Das ist die gebannte Spinnenlenor',
Die den Haspel dreht im Geröhre!
Voran, voran! Nur immer im Lauf,
Voran, als woll es ihn holen!
Vor seinem Fuße brodelt es auf,
Es pfeift ihm unter den Sohlen,
Wie eine gespenstische Melodei;
Das ist der Geigemann ungetreu,
Das ist der diebische Fiedler Knauf,
Der den Hochzeitsheller gestohlen!
Da birst das Moor, ein Seufzer geht
Hervor aus der klaffenden Höhle;
Weh, weh, da ruft die verdammte Margret:
"Ho, ho, meine arme Seele!"
Der Knabe springt wie ein wundes Reh;
Wär nicht Schutzengel in seiner Näh,
Seine bleichen Knöchelchen fände spät
Ein Gräber im Moorgeschwele.
Da mählich gründet der Boden sich,
Und drüben, neben der Weide,
Die Lampe flimmert so heimatlich,
Der Knabe steht an der Scheide.
Tief atmet er auf, zum Moor zurück
Noch immer wirft er den scheuen Blick:
Ja, im Geröhr war's fürchterlich,
O schaurig war's in der Heide.
3 Dinge bringt dir selbst der Zauber der Elfqueen nicht zurück! Das gesprochene Wort... Die verschwendete Zeit... Den verlorenen Traum!
Der Mittag, der Fischer
Alles still ringsum —
Die Zweige ruhen, die Vögel sind stumm.
Wie ein Schiff, das im vollen Gewässer brennt,
Und das die Windsbraut jagt,
So durch den Azur die Sonne rennt
Und immer flammender tagt.
Natur schläft — ihr Odem steht,
Ihre grünen Locken hangen schwer,
Nur auf und nieder ihr Pulsschlag geht
Ungehemmt im heiligen Meer.
Jedes Räupchen sucht des Blattes Hülle,
Jeden Käfer nimmt sein Grübchen auf;
Nur das Meer liegt frei in seiner Fülle
Und blickt zum Firmament hinauf.
In der Bucht wiegt ein Kahn,
Ausgestreckt der Fischer drin,
Und die lange Wasserbahn
Schaut er träumend überhin.
Neben ihm die Zweige hängen,
Unter ihm die Wellchen drängen,
Plätschernd in der blauen Flut
Schaukelt seine heiße Hand:
»Wasser«, spricht er, »Welle gut,
Hauchst so kühlig an den Strand.
Du, der Erde köstlich Blut,
Meinem Blute nah verwandt,
Sendest deine blanken Wellen,
Die jetzt kosend um mich schwellen,
Durch der Mutter weites Reich,
Börnlein, Strom und glatter Teich,
Und an meiner Hütte gleich
Schlürf' ich dein geläutert Gut,
Und du wirst mein eignes Blut,
Liebe Welle, heil'ge Flut!« —
Leiser plätschernd schläft er ein
Und das Meer wirft seinen Schein
Um Gebirg und Feld und Hain;
Und das Meer zieht seine Bahn
Um die Welt und um den Kahn.
So nimm die einfach schlichte Gabe hin,
von einfach ungeschmücktem Wort getragen,
und meine ganze Seele nimm darin;
wo man am meisten fühlt,
weiß man nicht viel zu sagen! etoilee
Du Vaterhaus mit deinen Thürmen,
Vom stillen Weiher eingewiegt,
Wo ich in meines Lebens Stürmen
So oft erlegen und gesiegt, -
Ihr breiten laubgewölbten Hallen,
Wo ewig meine Seufzer wallen
Und meines Fußes Spuren stehen!
Wie sank die Sonne glüh und schwer,
Und aus versengter Welle dann
Wie wirbelte der Nebel Heer,
Die sternenlose Nacht heran!
-Ich höre ferne Schritte gehn, -
Die Uhr schlägt Zehn.
Noch ist nicht alles Leben eingenickt,
Der Schlafgemächer letzte Türen knarren,
Vorsichtig in der Rinne Bauch gedrückt
Schlüpft noch der Iltis an des Giebels Sparren,
Die schlummertrunkne Färse murrend nickt,
Und fern im Stalle dröhnt des Rosses Scharren,
Sein müdes Schnauben, bis vom Mohn getränkt
Es schlaff die regungslose Flanke senkt.
Betäubend gleitet Fliederhauch
Durch meines Fensters offnen Spalt,
Und an der Scheibe grauem Rauch
Der Zweige wimmelnd Neigen wallt.
Matt bin ich, matt wie die Natur! -
Elf schlägt die Uhr.
O wunderliches Schlummerwachen, bist
Der zarten Nerven Fluch du oder Segen? -
S` ist eine Nacht vom Taue wach geküßt,
Das Dunkel fühl ich kühl wie feinen Regen
An meine Wange gleiten, das Gerüst
Des Vorhangs scheint sich schaukelnd zu bewegen,
Und dort das Wappen an der Decke Gips
Schwimmt sachte mit dem Schlängeln des Polyps.
Wie mir das Blut im Hirne zuckt!
Am Söller geht Geknister um,
Im Pulte raschelt es und ruckt,
Als drehe sich der Schlüssel um,
Und - horch! der Zeiger hat gewacht!
S` ist Mitternacht.
War das ein Geisterlaut? So schwach und leicht
Wie kaum berührten Glases schwirrend klingen,
Und wieder, wie verhaltnes Weinen, steigt
Ein langer Klageton aus den Syringen,
Gedämpfter, süßer nun, wie thränenfeucht
Und selig kämpft verschämter Liebe Ringen;
O Nachtigall, das ist kein wacher Sang,
Ist nur im Traum gelös`ter Seele Drang.
Da kollert's nieder vom Gestein!
Des Thurmes morsche Trümmer fällt,
das Käuzlein knackt und hustet drein.
Ein jäher Windesodem schwellt
Gezweig und Kronenschmuck des Hains;
-Die Uhr schlägt Eins-
Und drunten das Gewölke rollt und klimmt;
Gleich einer Lampe aus dem Hünenmale
Hervor des Mondes Silbergondel schwimmt,
Verzitternd auf der Gasse blauem Stahle;
An jedem Fliederblatt ein Fünkchen glimmt,
Und hell gezeichnet von dem blassen Strahle
Legt auf mein Lager sich des Fensters Bild,
Vom schwanken Laubgewimmel überhüllt.
Jetzt möcht' ich schlafen, schlafen gleich,
Entschlafen unterm Mondeshauch,
Umspielt vom flüsternden Gezweig,
Im Blute Funken, Funk' im Strauch,
Und mir im Ohre Melodei; -
-Die Uhr schlägt Zwei.-
Und immer heller wird der süße Klang,
Das liebe Lachen, es beginnt zu ziehen
Gleich Bildern von Daguerre die Deck' entlang,
Die aufwärts steigen mit des Pfeiles Fliehen;
Mir ist, als seh' ich lichter Locken Hang,
Gleich Feuerwürmern seh' ich Augen glühen,
Dann werden feucht sie, werden blau und lind,
Und mir zu Füßen sitzt ein schönes Kind.
Es sieht empor, so froh gespannt,
Die Seele strömend aus dem Blick;
Nun hebt es gaukelnd seine Hand,
Nun zieht es lachend sie zurück;
Und - horch, des Hahnes erster Schrei! -
-Die Uhr schlägt Drei. -
Wie bin ich aufgeschreckt, - o süßes Bild,
Du bist dahin, zerflossen mit dem Dunkel!
Die unerfreulich graue Dämmrung quillt,
Verloschen ist des Flieders Thaugefunkel,
Verrostet steht des Mondes Silberschild,
Im Walde gleitet ängstliches Gemunkel,
Und meine Schwalbe an des Frieses Saum
Zirpt leise, leise auf im schweren Traum.
Der Tauben Schwärme kreisen scheu,
Wie trunken, in des Hofes Rund,
Und wieder gellt des Hahnes Schrei,
Auf seiner Streue rückt der Hund,
Und langsam knarrt des Stalles Thür, -
-Die Uhr schlägt Vier. -
Da flammt's im Osten auf, - o Morgenglut!
Sie steigt, sie steigt, und mit dem ersten Strale
Strömt Wald und Heide vor Gesangesflut,
Das Leben quillt aus schäumendem Pokale,
Es klirrt die Sense, flattert Falkenbrut,
Im nahen Forste schmettern Jagdsignale,
Und wie ein Gletscher sinkt der Träume Land
Zerrinnend in des Horizontes Brand.
Der Strandwächter am deutschen Meere und sein Neffe vom Lande
»Sieben Nächte stand ich am Riff Und hörte die Woge zerschellen, Taucht kein Segel, kein irres Schiff? Schon dunkelt's über den Wellen. Nimm das Nachtrohr, Neffe vom Land! Ich will in die Matte mich strecken, Dröhnt ein Schuß oder flackert ein Brand. Dann zieh an der Schnur, mich zu wecken.« -
»Schöner Platz, an der Luke hier, Für einen unschuld'gen Privaten! Drunten die See, das wüste Getier, Das Haie speit und Piraten. Von der Seeschlang' wütigem Kampf Auch hat man Neues vernommen, Weiß der Himmel, ob nicht per Dampf. Ins deutsche Meer sie gekommen?
Ist's doch jetzt eine Wunderzeit, Wo Gletscher brennen wie Essen, Weiber turnieren im Männerkleid, Und Knaben die Rute vergessen. Jeder Wurm entfaltet sein Licht, Und jeder Narr seine Kappe, Also, Seele, wundre dich nicht, Wenn heute du stehst an der Klappe.«
»Vetter! ein Segel, ein Segel fürwahr, Ein Boot mit flatternden Streifen, Lichterchen dann, eine schwimmende Schar, Die unter den Flanken ihm schweifen! Schau, nun schleichen sie alle seitab, Nun wechseln sie hüben und drüben -« »'s ist eine Fischerflotte, mein Knab', Sind nur Leute die fischen im Trüben.« -
»Wie das Wasser kräuselt und rennt, Und wie die Kämme ihm flittern! Vetter, ob wohl die Düne brennt? Ich höre das Seegras knittern.« - »Dünste, mein Junge, nur Phosphorlicht, Vermoderte Quallen und Schnecken, Laß sie leuchten, sie zünden nicht, Und morgen sind's grünliche Flecken.« -
»Dort kein Räuber? kein Feuer hier? Ich hätt' es für beides genommen. Wetter! ist doch die Welle mir Schier über den Tubus geschwommen. Welch ein Leben, so angerannt Auf nackter Düne zu wohnen! Und die schnarchenden Robben am Strand, - Man meint es seien Kanonen!
Schläft der Alte in gutem Mut, Und läßt mich allein mit dem Spuke, Und mir ist als steige die Flut, Und bäume sich gegen die Luke. Wahrlich, Vetter, es schäumt und schwemmt, Es brüllt um der Klippe Zinken!« - »Ruhig, mein Junge, die Springflut kömmt, Laß sie steigen, sie wird schon sinken.« -
»Gut dann, gut, ihr wißt es aufs best', Ihr müßt die Sache verstehen. Hab' ich doch nie solch bedenkliches Nest Wie diese Baracke gesehen. Und die Wolken schleifen so schwer, Als schleppten sie Stürme in Säcken, Jene dort, mit dem fackelnden Speer, Scheint gar 'ne Posaune zu strecken.
Was! sie dröhnt? welch greulicher Schall! Die Welle bäumt sich entgegen, Tosend und schwarz der ringelnde Wall Will an den Trichter sich legen; Ha, es knallt - es flattert und streut - Wo war's? wo ist es gewesen? Wind und Schaum! - was hab' ich doch heut Von der Wasserhose gelesen?
Aber dort, - ein Segel in See, Ist's aus der Welle gestiegen? Grad entgegen der sausenden Bö Scheint's über die Brandung zu fliegen. Vetter, schnell von der Matte herab! Ein Schiff gegen Winde und Wellen! «- »Gib das Nachtrohr, Knabe, - seitab! Ich will an die Luke mich stellen.
Gnad' uns Gott, am Deck zerstreut, Umhuscht von gespenstigen Lichtern, Welche Augen, so hohl und weit, In den fahlen verlebten Gesichtern! Hörtest vom Geisterschiffe du nicht, Von den westlichen Todesladern? Modernde Larve ihr Angesicht, Und Schwefel statt Blut in den Adern.
Mag die ehrliche deutsche See Vom Schleim der Molluske sich röten, Springflut brausen, zischen die Bö, Und die Wasserhose trompeten, Drunten, drunten ist's klar und licht, Wie droben die Wellen gebaren. Mögen wir nur vor dem fremden Gezücht, Vor dem Geisterjanhagel uns wahren!«